DIE WOLKENKRATZER VON NEW YORK

Auch wenn heutzutage Wolkenkratzer vielerorts auf der Welt zu finden sind und Asien und die Arabischen Emirate in den Wettstreit um die höchsten Gebäude der Welt vorn liegen: Die Wolkenkratzer sind eine amerikanische Erfindung. Ihre Bauweise wurde durch mehrere bahnbrechende Erfindungen, die ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gemacht wurden, möglich. Gleichzeitig war es auch eine Notwendigkeit, denn die Wohnverhältnisse in den amerikanischen Großstädten waren zunehmend beengt. Die Bevölkerung suchte nach Wohnraum, und auch Unternehmen benötigten Räumlichkeiten im Stadtzentrum. Doch wohin sollten sie gehen? Grundstücksbesitzer mussten das Maximale aus ihren Grundstücken herausholen. So blieb letztendlich einfach nur der Weg in die Höhe.

Chicago und New York lieferten sich bald einen Wettstreit um die höchsten Gebäude der Welt. Der Große Brand von Chicago im Jahr 1871 hatte weite Teile des Stadtzentrums zerstört und nun wurden in kürzester Zeit neue Gebäude errichtet und dabei neue Technologien genutzt. Auch in New York drängte man aufgrund des enormen Platzmangels in Manhattan in die Höhe.   

Copyright: Pixabay / C1ri

Doch werfen wir zunächst erst einmal einen Blick auf die Erfindungen, die Voraussetzung für diese neue Bauweise waren. An vorderster Stelle steht dabei der absturzsichere Fahrstuhl. Ohne ihn wäre eine Bauweise hoher Gebäude, bei der Bewohner in höhere Etagen lediglich über Treppen gelangen, gar nicht erst infrage gekommen. Vor seiner Erfindung waren Wohnungen in den oberen Etagen eher der ärmeren Bevölkerung vorbehalten, während Wohnungen im Erdgeschoss teurer waren. Mit den Fahrstühlen änderte sich dies genau ins Gegenteil, denn je höher man wohnt, desto mehr Licht hat man schließlich in den eigenen vier Wänden. Mit Fahrstühlen waren genau diese Wohnungen nun plötzlich sehr bequem zu erreichen.

Jedenfalls entwickelte Elisha Graves Otis 1852 den besagten absturzsicheren Fahrstuhl. Absturzsicher deshalb, weil an der Seite des Fahrstuhlschachts Führungsschienen verliefen, die einrasteten, den Fahrstuhl festhielten und ihn vor dem Absturz bewahren würden, falls einmal die Halteseile des Fahrstuhls den Geist aufgeben sollten. Otis präsentierte seine Erfindung 1854 auf der „Exhibition of all Nations“ genannten Weltausstellung in New York. Er versetzte die Zuschauer in Staunen und sie hielten ihren Atem an, als er vor ihren Augen das Seil des Fahrstuhls kappen ließ. Dank der eingebauten Sicherheitsbremse stürzte der Fahrstuhl nicht ab. Heute sehen Fahrstühle natürlich ganz anders aus und sind hochmodern. Aber in jenen Jahren bedeutete diese Erfindung einen enormen Fortschritt. 

Eine weitere wichtige Erfindung, die den Bau von Wolkenkratzern erst ermöglichte, war die Entwicklung feuerfesterer Materialien, moderner Baustahle, der Stahlskelettbauweise und des Stahlbetons. Als Erfinder der Wolkenkratzer gilt deshalb heute James Bogardus. Er entwickelte die Skelettkonstruktion aus Gusseisen für Gebäude und errichtete 1848 in New York das erste Gebäude dieser Art. Neue Verfahren bei der Produktion von Stahl waren jedoch eigentlich die Voraussetzung, die aus kostentechnischer Sicht die neue Bauweise überhaupt erst finanzierbar machte. In den Siebzigerjahren begann Andrew Carnegie das von Henry Bessemer in England entwickelte Verfahren zur Umwandlung von Roheisen in Stahl zu nutzen. Er errichtete seine ersten Hochöfen zur Produktion von Stahl und machte mit seinem Unternehmen Stahl zur Massenware.

All diese neuen Erfindungen ermöglichten erst die Sicherheit und Standfestigkeit der Gebäude. Bei Gebäuden in Größenmaßen von Wolkenkratzern müssen die Fundamente diese sichern, da es sonst durch Erdbewegungen zu gefährlichen Seitenlagen der Gebäude kommen würde. So reichten bereits die Betonpfeiler der ersten Wolkenkratzer New Yorks, wie dem Woolworth Building, bis ganz hinunter zum steinigen Felsboden, auf dem die Stadt erbaut wurde. 

Die Gebäude Mitte des 19. Jahrhunderts waren noch verschwindend klein im Vergleich zu denen, die noch folgen sollten. Sie machten jedoch den Anfang der Entwicklung hin zu Wolkenkratzern, wie wir sie heute kennen. Die ersten fünfstöckigen Gebäude wurden in den 1840er und 1850er-Jahren erbaut. Zu diesen Gebäuden gehört das E.V. Houghwout Building in Manhattan, das auch heute noch an Nr. 488-492 Broadway steht.

Die Ära der Wolkenkratzer brach endgültig im Jahr 1902 an: In dem Jahr wurde mit dem Bau des berühmten Flatiron Building in New York begonnen. Es hatte eine Höhe von 95 Metern. Nicht nur die Architekten der New Yorker Gebäude traten einen wahren Wettstreit darin an, das höchste Gebäude der Welt zu schaffen. Auch die Städte untereinander wurden zu Konkurrenten, allen voran eben New York und Chicago. Das Gebäude, das mit einer Höhe von 42 Metern und zehn Etagen bis heute als erstes wirklich modernes Hochhaus gilt, wurde 1885 in Chicago erbaut: Das Home Insurance Building, das jedoch 1935 wieder abgerissen wurde. In New York wurde 1893 das Metropolitan Life Building fertiggestellt, das 213 Meter hoch ist und damals zwei Jahre lang die Liste der weltweit höchsten Gebäude anführte. Bis heute ist es ein wichtiges Gebäude New Yorks, denn es gilt als die geographische Mitte von Manhattan. Das New Yorker Woolworth Building an der Nummer 233 Broadway wurde 1910 fertiggestellt und war zu dem Zeitpunkt mit sagenhaften 241 Metern das höchste Gebäude der Welt . Weitere Höhepunkte in der Geschichte der New Yorker Wolkenkratzer waren damals das 1909 erbaute und bereits 1968 wieder abgerissene Singer Building mit 187 Metern. 

1931 war für kurze Zeit das Chrysler Building an der Ecke Lexington Avenue und 42. Street das höchste Gebäude der Welt. Auch heute noch wird das wunderschöne Gebäude gern besichtigt. Ihm folgte 1931 das Empire State Building mit 381 Metern, das bis 1972 das höchste Gebäude der Welt blieb und dessen Aussichtsplattform bis heute für viele Besucher ein Muss während einer New York-Reise ist. 1972 wurde dann das World Trade Center mit 527 Metern das höchste Gebäude der Welt. Eigentlich war der Sears Tower in Chicago mit 442 Metern höher als der Nordturm des World Trade Center, der an sich eine Höhe von 417 Metern hatte, der aber durch seine Antenne insgesamt 527 Meter erreichte. Der Nachfolger des World Trade Centers in New York, der Freedom Tower des One World Trade Center, ist 542 Meter hoch. Diese Höhe hat eine wichtige Bedeutung, denn das sind 1776 Fuß und diese Zahl entspricht damit dem Jahr der Unabhängigkeitserklärung der USA.    

Hast du Anmerkungen, Kommentare oder Fragen? Dann hinterlass hier gern deine Nachricht: